Mittwoch, 12. März 2014
Jenseits von Gut und Böse
Wie aktuell ist das denn?

Nietzsche vor über hundert Jahren:
„Im jetzigen Frankreich ist demnach, wie man es ebenso leicht erschließen als mit Händen greifen kann, der Wille am schlimmsten erkrankt; und Frankreich, welches immer eine meisterhafte Geschicklichkeit gehabt hat, auch die verhängnisvollen Wendungen seines Geistes ins Reizende und Verführerische umzukehren, zeigt heute recht eigentlich als Schule und Schaustellung aller Zauber der Skepsis sein Kultur-Übergewicht über Europa.
Die Kraft zu wollen, und zwar einen Willen lang zu wollen, ist etwas stärker schon in Deutschland, und im deutschen Norden wiederum etwas stärker als in der deutschen Mitte; erheblich stärker in England, Spanien und Korsika, dort an das Phlegma, hier an harte Schädel gebunden, - um nicht von Italien zu reden, welches zu jung ist, als dass es schon wüsste, was es wollte, und das erst beweisen muss, ob es wollen kann-, aber am allerstärksten und erstaunlichten in jenem ungeheuren Zwischenreich, wo Europa gleichsam nach Asien zurückfließt, in Russland. Da ist die Kraft zu wollen seit langem zurückgelegt und aufgespeichert, da wartet der Wille – ungewiss, ob als Wille der Verneinung oder der Bejahung- in bedrohlicher Weise darauf, ausgelöst zu werden, um den Physikern von heute ihr Leibwohl abzuborgen. Es dürften nicht nur indische Kriege und Verwicklungen in Asien dazu nötig sein, damit Europa von seiner größten Gefahr entlastet werde, sondern innere Umstürze, die Zersprengung des Reiches in kleine Körper und vor allem die Einführung des parlamentarischen Blödsinns, hinzugerechnet die Verpflichtung für jedermann, zum Frühstück seine Zeitung zu lesen. Ich sage dies nicht als Wünschender: mir würde das Entgegengesetzte eher nach dem Herzen sei, - ich meine eine solche Zunahme der Bedrohlichkeit Russlands, dass Europa sich entschließen müsste, gleichermaßen bedrohlich zu werden, nämlich einen Willen zu bekommen, durch das Mittel einer neuen, über Europa herrschenden Kaste, einen langen furchtbaren eigenen Willen, der sich über Jahrtausende hin Ziele setzen könnte: - damit endlich die langgesponnene Komödie seiner Kleinstaaterei und ebenso seine dynamische wie demokratische Vielwollerei zu einem Abschluss käme. Die Zeit für kleine Politik ist vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft, den Zwang zur großen Politik.“


...es geht nicht um das Erschaffen von Gegenbildern.
Meine Frage laute:"Wie kann Dichotomie aufgelöst werden?"

Kampf um das Steuer
von Otilia Gräfin Kraszewska

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