SCHLAFMÜTZE
Wie aus dem Nichts, komme ich mit meinen beiden Töchtern im Vestibül des Hotels an. Wahrscheinlich sind wir geflogen.
Ein Urlaub, in einem Resort, für uns etwas völlig Neues.
Hier haben die Farben ihre Leuchtkraft verloren. Über jedem Ding liegt ein grauer Schleier.
Auch Licht und Schatten, aneinandergeschmiegt, detailverliebt in ihrem fein abgestimmten Paartanz, unterwerfen sich diesem grauen Mischmasch.
Die Erinnerung tut sich schwer, in Punkto Präzision.
Menschen, ob mir nah oder fern, schwer zu greifen, als könnte ich durch sie hindurch langen. Vielleicht sogar hindurch gehen. Geisterwelt.
Nichts, an dem ich mich reiben oder stoßen kann. Hier ist alles möglich, oder auch nicht. Fliegend leicht, klebrig schwer.
Unwirklich, faszinierend.
Meine Augen, kann ich, einer telepathisch gelenkten Drohne gleich, aussenden. Visuell excarniert wird die Gegend überblickt. Ich fliege!
So sind wir hier, an einem Strand, nahe am Meer. Das Seeufer, in akkurat angelegte Salinen unterteilt. Oder ein Hafen für Wirtschaftstanker. Auf jeden Fall, eine riesige Anlage, wie mir meine “Drohnenaugen“ übermitteln.

Ich bitte, einen Mitarbeiter im Foyer, um Einarbeitung, im Umgang mit der einheimischen Bevölkerung.
Dieser ist jedoch beschäftigt, weitere Gäste zu empfangen.
Rasch füllt sich die, immer enger werdende, Empfangshalle.
Die beiden Töchter verflüchtigen sich. Sie erkunden die Umgebung.
Der Hotelangestellte spricht ein paar Willkommensgrüße, ich denke an Blumenketten.
Jetzt redet er mich persönlich an:
“ Aufgrund des Wunsches von lalol, brechen wir die Wände auf.“
Scham überkommt mich.
Hier, von der Eingangshalle aus, geben bis zum Boden reichende Fenster, den Blick auf eine Mauer frei. Eine Strandmauer, die aussieht, wie eine Stadtmauer. Das offene Tor, setzt ein, wildes, türkisblaues Meer frei. Pastellfarbene Häuser lugen um die Ecke, zur anderen Seite.
Kleine, plumpe Wesen, versuchen ein Schild in den Sand zu stecken.
„Bitte keine…“ weiter kann ich nicht lesen. Vermute aber, es soll heißen: „ Bitte keine Kirche aufstellen.“
Ich zoome mir die kleinen Wesen näher heran. Blasse, fast schon bläulich schimmernde Haut. Wulstige Knochen unter den Augenbrauen. Grobknochiger, quadratischer Körperbau.
Die Stimme des Mitarbeiters zieht, meinen in die Ferne schweifenden Blick, wieder in den Vorraum.
„Begegnen Sie Einheimischen niemals allein. Sie sind nicht gefährlich, jedoch für Überraschungen bekannt. Könnten Sie entführen und Unfug mit Ihnen anstellen."
Mit diesen, letzten Worten, werde ich mir selbst überlassen und trete hinaus, auf den Strand.
Die kleinere Tochter kommt, von rechts, auf mich zu. Die fremden Wesen, sind ihr unheimlich. Beruhigend rede ich auf das Kind ein:“ Die sind verkleidet, alles vom Hotel inszeniert.“
In diesem Moment erreicht uns, meine größere, von links kommende Tochter.
Aufgebracht, übermittelt sie uns eloquent, ihre Beobachtung, über die sozio-ökonomische Ungleichheit, in diesem Urlaubsparadies.
Träumend, stelle ich mir die Frage, wie wir unsere Urlaubstage am besten verbringen?
Werde wach.
Die wichtigsten Angelegenheiten des Menschen werden verschlafen!

Kommentieren



lalol, Montag, 7. Oktober 2019, 19:29
Große Tochter:“ Ich habe Deinen Text gelesen. Du musst mir einiges erklären.
Wir sind in Deinem Traum, das habe ich verstanden.
Mutter:“ Dieser Traum hat mich so beschäftigt, ich habe ihn, wie einen viel zu großen Regenmantel, die Tage über mitgetragen.
Seit Du aus den Windeln heraus bist, überlege ich, was das Versäumnis meiner Generation sein wird. Was werden meine Kinder und deren Kinder, mir vorwerfen?
So wie der Generation meiner Großeltern, die Zeit unter Hitler, Judenverfolgung und Konzentrationslager, vorgeworfen werden. Es kann doch nicht sein, dass eine ganze Generation, blind gegenüber dieser Schreckenstaten war! Niemand soll etwas gewusst und gesehen haben. Doch, da gab es Sophie Scholl und die „Weiße Rose“. Hans und Sophie Scholl wurden geköpft. Stauffenberg erschossen.
Was tue ich?
Fahre mit dem Auto an einer, meterhoch eingezäunten Wohnanlage vorbei und denke mir, da werden doch keine Flüchtlinge drinnen wohnen?
Oder letztens, als ich beklagte, mein Handy habe keine Emojis. Du nahmst es mir aus der Hand und gabst es mir mit den Worten:“ Dein Handy ist ein Stein“ zurück. Weißt Du noch? Ja, so ein neues Handy wäre schon nett. Leider habe ich dann eine Sendung gesehen, wie kleine Kinder in Afrika, mit ihren Händen im Schlamm buddeln, um an wertvolle Erden zu kommen.
Ich sehe! Aber tue nichts!
Ja, ich esse kein Fleisch. Sicher auch aus moralischen Gründen. Viel schlimmer wäre es für mich, keinen Kuchen zu essen. Fahre mit dem Fahrrad in die Arbeit. Aber doch auch nur, weil diese so nah ist. Und natürlich finde ich ein Rad mit Akku schick!
So viel, wie in den letzten Jahren, bin ich nicht mehr in den Urlaub geflogen. Ihr Kinder seid nun schon größer, die Reisen erschwinglich und ich wollte auch wieder einmal. Wieder einmal den Wind der großen, weiten Welt schnuppern.
Ich verstehe die Menschen, die sich endlich etwas leisten können. Sie wollen auch haben, was alle haben.
In all meiner Traurigkeit, spiegelt sich meine Wertlosigkeit!
Und der Traum?
Jetzt werde ich etwas machen, dass ich niemals dachte zu tun!
Mir ist ein Vortrag von Rudolf Steiner, aus dem Jahre 1918, zu Ohren gekommen und ich zitiere daraus:
„Was tut der Engel in unserer Seele?“
„In unserer Seele, webt der Engel Bilder in unseren Träumen.
Absicht, für die kräftige, soziale Gestalt ist, durch das Denken über den Abgrund, zum Geistigen zu kommen.
Wir sind im Zeitalter der Bewusstseinsseele, es gilt, bestimmte soziale Zustände und Zukunftsideale anzustreben.
„Kein Mensch soll Ruhe haben, in seinem Genuss, von Glück, wenn andere Menschen unglücklich sind.
In der Zukunft, soll jeder Mensch, in jedem Menschen das verborgen Göttliche sehen.
So ernst, so verständnisvoll, als möglich.
Es wird keinen Religionszwang geben, da die Begegnung eines jeden Menschen, eine religiöse Handlung, ein Sakrament sein wird.
Lege Dir nicht selbst Vorurteile in den Weg. Erfahre, was Dich an jedem Menschen interessieren wird.
Werde wach! Wende Dich zum Geistigen hin.
Wenn wir an irgend einem Tag, kein Wunder erleben, so haben wir es nur aus den Augen verloren.
Das Leben ist kein Spiel!“