Samstag, 11. Juli 2020
Pusteblume


Einst kam ich auf die Erde gereist,

getragen vom großen Geist,

oder war es der Wind?

Der rief:

„Mein Kind, mein Kind,

ich trage dich geschwind.“

Was weiß ich!

Ich weiß,

von der Sonne,

deren Strahlenzungen

mich kitzelnd leckten

und mit Wonne

Löwenkind neckten.

Ich weiß,

vom Regen,

dessen Tränentropfen

netzend auf meine Blätter klopften.

Ich weiß

von Brüdern und Schwestern,

die mit mir auf der Erde stehen,

Ich weiß

von meinen Kindern,

die sehnsüchtig

dem Mond nachsehen

und denen ich zuwehe:

"Fliegt, es ist so weit,

in eure Samen lege ich meine Vergänglichkeit."

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Dienstag, 16. Juni 2020
Haiku
Rosa Sakura
leicht und zart die Kirschblüte
fällt herab so schlicht

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Sonntag, 29. März 2020
Mona Lisas Kuss
Ich schenke Dir eine Anstecknadel.
Du schöne,
in die Jahre gekommene Gefährtin.
Immer noch verfolgen Deine Augen
den Gang der Zeit.
Halten Stand,
wider der kalten Welt.
Unnahbare unter Unnahbaren.
Durch lange,
bleiche Finger
frisst sich ungezähltes Geld.
Vogel im goldenen Käfig,
aufgeplustertes Federkleid
der staubigen Bourgeoisie.
Schritt
Auf der Stelle
sich wiegender Tritt.
Ziselierte Fußfesselchen
aus handgearbeiteter Melancholie.
Geübte Meditation im Stillstand
hält die ungezähmten Drachen an kurzen Leinen
um Tränen in seidige Kissen zu weinen.
Die goldene Tür,
offen
immer zu.
Schlüpfe aus modrigen Klamotten.
Flügge!
Schließe Dich meinem Ruf nach Menschlichkeit an.
Spüre den Stich
meiner Anstecknadel.
Spüre meine Schmerzen
in Deinem Herzen.

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