Montag, 29. Juli 2013
Petzi
Sooft es ihm die Zeit erlaubt, besucht Petzi die Werkstatt des Großvaters.
Er wird nicht müde, das bunte Treiben der Handwerker, Stunde für Stunde zu beobachten. Als würde die Zeit, ihre Zeiger für ihn anhalten, um ihm Gelegenheit zu geben, tief in die einzelnen Handgriffe zu sinken. Dann läuft die Zeit weiter und eine Tätigkeit nach der Anderen reiht sich in ihren Ablauf.
Bevor sich an Petzis Füssen Wurzeln bilden können, nutzen die Handwerker sein Dasein und er wird zur Abwechslung als Laufbursche eingesetzt. Bringt den Schneidern die bunten Stoffe der Weber. Besorgt Nadel und Faden, holt dem Kunstschmied die Brotzeit. Fühlt sich zuhause, wie seine kleine Hand sich in der Hand des Großvaters fühlt. Dessen Wärme Sicherheit, Halt und Geborgenheit vermittelt.
Zusammen spazieren sie über saftige Kuhwiesen, die leicht bergauf oder -ab gehen, am Waldrand entlang. Der Großvater zeigt Petzi die quirlige Quelle, den dunklen Weiher und den Weg zur Hütte des Fischers.
Dort sitzen die beiden Alten wortkarg am selben Wasser. Was ein Jeder wohl für sich denkt? Bilden gemeinsame Erinnerungen einen regen, wortlosen Austausch, der es wiederum schafft, in der Zeit zu reisen? Was für Bilder speisen diese Köpfe? In den Augen der Männer ist es nicht zu lesen.
Wortkarg sein, fällt dem Kleinen nicht schwer, aber dieses ruhige Sitzen und Warten und Warten und Sitzen, ohne dass sich etwas für ihn tut, dafür ist er noch zu klein. Wie halten der Großvater und der Fischer diese Ruhe nur aus?
Selten holt der Großvater ein geschlossenes Weidenkörbchen, mal schwerer, mal leichter, ab. Großvati trägt es vorsichtig, fast zärtlich, als würde ein junges schlafendes Kätzchen darin liegen. Manchmal bietet der Fischer ihm eine Angel an und Großvater zeigt Petzi die einfachen Griffe der Angelkunst, jetzt kann Petzi still sitzen und warten, auch wenn kein Fisch anbeißen will.
An Regentagen gehen Enkel und Großvater zum Weiher und fischen auf Bärenart Karpfen, die können gut im Weiher gehalten werden.
Der kleine Bär wird selbstständiger. Weitet sein Bewegungsfeld aus und kennt nun kürzere Wege über die Felder und Wiesen zum Fischer. Mit dem Großvater geht er die nicht, da muss man schon mal über eine Stacheldraht begrenzte Wiese klettern, oder unter Elektrozäunen durchkrabbeln.
Der Fischer reicht ihm die Angel.
Eines Tages stellt Petzi dem Fischer eine Frage. Der Fischer lacht und klopft dem jungen Bären kräftig auf die Schulter.
„ Was denkst du?
Zwei so gefräßige, wie Mordsdurst und Bärenhunger, die musste ich weiterschicken. Die Schlange hat sie verschlungen und über die Donau mit sich genommen. Gefährliche Sache, den jetzt ist die Schlange mordsdurstig und bärenhungrig. Soviel Wasser sie auch trinkt, soviel Erde sie auch schluckt, sie wird nicht satt. Diese Beiden kann man ihr nur mit viel Kunst und Geschick abluchsen und dann, brauchen sie einen guten, sicheren Platz. Eine abenteuerliche Aufgabe, die auf dich wartet. Schick mir den Großvater, es gibt einiges zu besprechen.“

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Freitag, 5. Oktober 2012
Mordsdurst und Bärenhunger
by lalol

Langsam sinkt das Netz, auf den steinigen Grund des Flusses.
Es an das Ufer zu ziehen, geht dem Fischer leicht von der Hand, hat sich doch nur eine Natter darin verfangen.
Eine Wassertrognatter windet sich durch die Maschen. Über ihr schimmerndes Schuppenkleid gleitet eine kleine silberne Kugel herab,
bleibt zitternd, wabbernd vor des Fischers Füßen liegen.
„Mein Wassertrog ist leergetrunken,“ säuselt die Schlange,“ er verlangt nach Meer oder er wird an der warmen Luft verdampfen – fufff.. Tränke ihn, den Mordsssdurssst, tränke ihn.“
So sieht der Mordsdurst aus, so hilflos? Durch das kalte Wasser zusammengekullert, ähnelt er im Sonnenstrahl einer winzig kleinen Pfütze, die immer weniger und weniger zu werden scheint.
So bibbernd? Der Fischer erbarmt sich, holt seinen „Flachmann“ aus der Innentasche seiner Öljacke und gießt ein winziges Tröpflein Alkohol auf den Miniatursilbersee, dieser beginnt sogleich zu Brodeln und Dampfen. Noch ein wenig Wasser darauf, die reaktive Explosion ist nicht mehr aufzuhalten. Ein gewaltiger Rülpser schlägt dem Fischer entgegen.
Reinster Vinylalkohol bahnt seinen Weg durch die Atemwege in das Gehirn.
„Ja zackradi,“ solche Sterndl hat er seiner Lebzeit noch nicht gesehen. Ein, um den Fischerkopf kreisender Stern, verlässt die enge Umlaufbahn, reißt aus, und schießt mit gewaltiger Energie, ab ins Universum, direkt zwischen die Augen der großen Bärin.
Nur mit Donner und Blitz lässt sich der folgende Brüller erklären: „Uaahhh..wer wagt es, mir ein solches Hirnbatzl zu verpassen?“
„Du pralles Gestirn, bringst mir die himmlische Interpunktion durcheinander.
Verdunkelst mein Antlitz. Ich selbst muss angestrengt schielen, um einen Blick, auf dich mageres Glühwürmchen zu werfen.
Kein Seefahrer wird sich an mir orientieren können und durch die Verlängerung meiner hinteren Trapezsterne, den Polarstern finden.
So geht das nicht, ein jedes Ding braucht seinen Namen und seinen Platz.
Vielleicht finde ich einen Namen für dich in meinem Leiterwagen.
Lauter Kruschelkram: Timbär, Tombär, Himbär, Camenbär, Bärendreck...hmm.. meine Laune verdüstert sich zusehendst. Kommt wohl von meinem schwarzen Loch im Bauch.
Da hab` ich’s ja, Bärenhunger. Was für ein Name, klingt nach einem renitenten Unruhestifter.
Ab mit dir, an deinen Platz zurück. Stell die alte Ordnung wieder her.“
Die große Bärin schüttelt sacht ihren Kopf und Bärenhunger stürzt in die Tiefe. Er versinkt mit seinen Geschwistern im hauseigenen Universum des Fischers.
Nun ist der gute Mann mit Mordsdurst und Bärenhunger geplagt.

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Dienstag, 18. September 2012
Familie Petz
by lalol
„Guten Morgen Großvati. Was machst du denn da, mit diesem riesengroßen Block.“
„ Grüß dich Petzi. Schön, dass du mich an einem Sonntag besuchen kommst.
Da schau her. Eine Schatulle werde ich schreinern. Wenn jetzt der Winter kommt, setze ich mich abends vor das Feuer und schnitze Verzierungen hinein. Ich mag es, wenn eine Schachtel schön anzusehen ist.“
„Großvati, was legst du in die Schatulle rein?“
„Das ist eine gute Frage, mein lieber Petzi. Du weißt ja, wir sind hier viele Handwerker. Ein Jeder, Meister seiner Zunft. Die einen können drechseln und feilen, was das Zeug hält, Andere besticken feine, wie grobe Stoffe und fertigen Gewänder an. Unseren Kunstschmied hast du sicher schon, drüben bei Hammer und Amboss, heißes Eisen biegen sehen.
Unten an der dhonau, sitzt geduldig der Fischer mit seinen Netzen, der Angel und der Taucherbrille. Lauschend wartet er am Ufer, bis er das zarte Ächzen, Quietschen oder Krächzen längst vergessener Wörter hört. Manche sind laut und poltern, sind eingeklemmt unter einem Stein. Und andere wären gestorben, hätte der Fischer sie nicht ausgegraben. Er haucht ihnen neuen Äther ein. Vollmundig, warm. Wickelt sie in trockene Tücher und füttert sie auf, wie sie es brauchen.
Neu eingekleidet werden sie. Schön herausgeputzt kommen sie zu mir.
Ich leg sie dann in die Schatulle, manche in einen Kasten, es gibt auch welche, die wollen in Schubladen. Obwohl ein jedes anders ist, fühlen sich alle in Gesellschaft wohl.
Meine Aufgabe ist es, sie frei zu lassen. Mach ihnen Türen auf, mal eine zu. Ich kann ihnen Stimmen geben, wie Töne, die in Schwingung geraten. So halt ich sie selten an der kurzen Leine, da werden sie böse und bellen."
„Ui Großvati, ist das dein Beruf?“
„Ja Petzi, ich bin der Worthalter.“

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